Ganz zu unrecht werden Katzen leider immer wieder beschuldigt, für den Rückgang der Sing- und Zugvögel verantwortlich zu sein. Dabei gibt es ganz andere Ursachen mit denen Singvögel zu kämpfen haben. Wir räumen hier gründlich mit diesem Vorurteil auf und listen hier ein paar Fakten auf:
Vogelexperten nennen die folgenden Fakten, die für den Rückgang der Singvögel in Deutschland und Europa verantwortlich sind. Es ist wichtig zu betonen, dass es sich hier um eine komplexe Thematik handelt, und verschiedene Faktoren daher auch in Kombination wirken können. Hier sind einige der Hauptgründe:
Lebensraumverlust: Die Zerstörung von natürlichen Lebensräumen wie Wäldern, Wiesen und Feuchtgebieten durch Urbanisierung, Landwirtschaft und Straßenbau verringert den Lebensraum für Singvögel und führt zu einer Fragmentierung ihrer Populationen. Agrarbetriebe werden immer größer, und dadurch entstehen immer ausgedehntere Feldflächen. Feuchtwiesen werden entwässert und gehen als Biotope verloren. Auch Weiden werden häufiger umgepflügt und in Ackerland verwandelt, weil Tiere zunehmend das ganze Jahr im Stall stehen. Gleichzeitig dehnen sich Monokulturen von Mais und Raps für die Produktion von Biodiesel oder für Biogasanlagen immer weiter aus. Auch Winterweizen verspricht Landwirt*innen hohe Erträge. Die Folge: Die Felder sind sehr früh im Jahr schon so dicht bewachsen, dass gerade Bodenbrüter nicht mehr zum Zuge kommen. Welche dramatischen Auswirkungen diese Entwicklung hat, lässt sich an den Beständen des Rebhuhns ablesen, die seit 1980 europaweit um 94 Prozent geschrumpft sind. Hinzu kommen fehlende Nistplätze in Städten, wo viele Bäume auf Stock geschnitten werden, so dass die Bäume im Frühjahr kaum Äste und Zweige haben, auf denen die Vögel ihre Nester bauen könnten.
Intensive Landwirtschaft: Die intensivierte Landwirtschaft, die den Einsatz von Pestiziden und Düngemitteln fördert, kann sich negativ auf die Insektenvielfalt auswirken. Insektizide, die zum Pflanzenschutz auf den Feldern versprüht werden, töten nicht nur ausgewählte Schädlinge, sondern auch andere Arten. Singvögel sind auf Insekten als Nahrungsquelle angewiesen, besonders während der Brutzeit. Durch die Ausrottung der Insekten, finden Vögel keine oder nicht ausreichende Nahrung. (Vielleicht erinnern Sie sich an die Zeit, als bei einer Autobahnfahrt tausende von Insekten auf der Windschutzscheibe landeten. Mittlerweile fahren Sie hunderte Kilometer ohne auf mehr als 1 bis 10 Insekten zu treffen, nicht wahr?)
Klimawandel: Der Klimawandel beeinflusst die Verteilung und Verfügbarkeit von Nahrungsquellen für Singvögel und kann auch ihre Zugrouten und Ankunftszeiten beeinflussen. Unter dem Klimawandel haben Hof zufolge nicht nur die kälteliebenden Arten zu leiden, sondern auch die Zugvögel. Er erklärt: „Vögel, die im südlichen Afrika überwintern, kriegen nicht mit, wenn die Bedingungen im Frühjahr in Europa schon gut genug sind, um zu brüten.“ Die Tiere, die in Europa überwinterten, registrierten: „Das Laub im Wald treibt aus, die Raupen sind da, ich kann brüten“. Arten wie der Trauerschnepper, der Halsbandschnepper oder der Kuckuck kämen dann zu spät aus ihren Winterquartieren zurück. Alle Nistplätze seien dann bereits besetzt, die Raupen als Futter für die Aufzucht ihrer Jungen schon gefressen.
Bejagung und illegale Vogelfänge: In einigen Ländern werden Singvögel immer noch illegal gefangen und gehandelt, was zu einem Rückgang der Populationen führt. Fänge in Asien, Italien, arabischen Ländern etc. werden mit riesigen Fangnetzen während der Zugzeit durchgeführt, denn Singvögel gelten dort als Delikatesse!
Fensterkollisionen: Große Glasflächen in Gebäuden können zu tödlichen Kollisionen für Vögel führen, da sie die reflektierten Bäume und den Himmel nicht von der tatsächlichen Umgebung unterscheiden können. Die moderne Architektur baut ganze Hochhäuser, Viertel und Straßenzüge aus Glasfronten.
Lichtverschmutzung: Lichtverschmutzung in städtischen Gebieten kann die Navigationsfähigkeit von Zugvögeln stören und sie von ihren normalen Routen abbringen. Für Tiere ist Licht oft sogar eine tödliche Gefahr. Milliarden Insekten sterben an Lampen, Vögel fliegen große Umwege, um die Lichtglocke einer Stadt zu meiden, Fledermäuse verlieren die Orientierung und auch in Seen leiden die Fische. Nicht nur wir Menschen leiden unter der fehlenden Dunkelheit, auch der Biorhythmus vieler Tierarten wird dadurch gestört. Das hat Auswirkungen auf ihre Orientierung, ihre Kommunikation, ihr Fortpflanzungsverhalten, ihr Fressverhalten und ihr Schlafverhalten.
Nahrungsmangel: Die Verfügbarkeit von Nahrung für Singvögel kann in bestimmten Gebieten aufgrund von Umweltveränderungen oder menschlichen Eingriffen beeinträchtigt sein. Außerdem sind Insekten ähnlich wie Vögel auf eine vielfältige Landschaftsgestaltung angewiesen, die ihnen viele verschiedene Nahrungspflanzen und geeignete Plätze zur Eiablage bietet. Aber statt bunter Blumen im Getreidefeld oder am Wegrand sieht man bei der Fahrt übers Land oft nur noch eintönige Felder. Wo keine Nahrung, da keine Insekten – und als Nächste in der Nahrungskette bekommen das die Vögel zu spüren. Hier gerät die Entwicklung dann zum Teufelskreis. Denn wo Vögel als natürliche Fressfeinde weniger werden, können sich pflanzenschädigende Insekten ungehindert vermehren – was wiederum zu erhöhtem Einsatz von Insektiziden führt. Auch Schottergärten tragen zu dem ganzen Dilemma bei. Sie führen immer zu einer Versiegelung der Böden und damit einhergehend zwangsläufig zu einem Verlust von Biodiversität. Regen kann nicht mehr versickern und fließt stattdessen unkontrolliert ab. Wildkräuter und heimische Pflanzen haben kaum noch eine Chance zu gedeihen. Insekten finden keine Nahrung mehr und somit leiden auch Vögel und Fledermäuse Hunger.Hinzu kommt, dass Schottergärten nicht nur lebensfeindlich sind, sondern anders als oft angenommen auch nicht pflegeleichter als naturnahe Gärten. Denn die Steine müssen regelmäßig gereinigt werden, wofür wiederum schädliche Chemikalien zum Einsatz kommen oder viel Wasser verbraucht werden muss.
eingeschleppte Krankheiten und Parasiten: Singvögel sind anfällig für verschiedene Krankheiten und Parasiten, die ihre Gesundheit und Überlebensfähigkeit beeinträchtigen können. Gerade in den letzten Jahren gab es ganze Jahrgänge, in denen Amseln oder Blaumeisen betroffen waren. Vom Usutu-Virus befallene Vögel wirken offensichtlich krank, werden apathisch und flüchten nicht mehr und sterben meist innerhalb weniger Tage. Fast immer sind es Amseln, bei denen diese Krankheit festgestellt wird, weshalb die Usutu-Epidemie 2011/2012 auch als „Amselsterben“ bekannt wurde. Im Frühjahr 2020 wurden aus vielen Gärten Blaumeisen gemeldet, die krank wirkten und schnell starben. Verantwortlich ist das Bakterium Suttonella ornithocola, das bei Meisen eine Lungenentzündung hervorruft. Von der Krankheit betroffen sind anscheinend vor allem Blaumeisen, in einzelnen Fällen auch Kohlmeisen oder andere kleine Singvögel.
Prädation: Die Zunahme invasiver Arten oder der Verlust natürlicher Prädatoren kann das Gleichgewicht in den Ökosystemen stören und den Bestand der Singvogelpopulationen beeinflussen. Waschbären sind als Nesträuber an Vogelnistkästen ein großes Problem in einigen Regionen Deutschlands.
Um den Rückgang der Singvögel in Deutschland und Europa zu verhindern oder zu verlangsamen, sind umfassende Maßnahmen erforderlich, die den Schutz und die Wiederherstellung ihrer Lebensräume, die Förderung einer nachhaltigen Landwirtschaft, den Kampf gegen den Klimawandel und die Bekämpfung illegaler Praktiken beinhalten. Auch die Sensibilisierung der Öffentlichkeit für den Schutz von Vögeln und die Unterstützung von Schutzprogrammen und Naturschutzorganisationen ist entscheidend. Jeder kann helfen, indem Nahrungsbäume wie die Vogelbeere gepflanzt und "unaufgeräumte" Heckenecken für Nester belassen werden in unseren Gärten!
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